Starmaxx 2009 oder "Die Wanderdüne war unser Schicksal"

 

Wo kann man mit Fahrzeugen, die unsere Regierung abwracken möchte, an öffentlichen Rallyes teilnehmen? In Tübingen! Bei der Starmaxx!!
Rainer Klink vom Boxenstop Museum lädt alljährlich Young- und Newtimer zur Wochenendeausfahrt ein. Eine Teilnehmerklasse sind die „Klassiker der Zukunft“, also Fahrzeuge, die sehr viel Potential haben, um alsbald oder demnächst oder auch in ferner Zukunft zum Klassiker zu reifen.

Ein Fahrzeug, das diese Anforderungen in besonderer Weise erfüllen will, muß verschiedene Merkmale haben: es muß selten sein, idealerweise nur zwei Türen haben, es sollte sehr edel ausgestattet und es muß natürlich zwingend Chic haben.
Das Fahrzeug, das diese Voraussetzungen am ehesten erfüllt, ist natürlich ein ……… Lancia Kappa Coupe!

Ein Kollege und ich samt Ehefrauen meldeten sich an und sind am Wochenende nach Tübingen, um sich dem harten Wettbewerb in Form von MB 123 Coupe, MB R107, 6er BMW, E 30 Cabrio, 911, 968, Mini, Manta A und B, Capri, Renault 5 Turbo, Audi quattro und Co zu stellen.

Es gibt traditionell nicht nur für die Gewinner einen Pokal, auch der Letzte erhält einen „Ehrenpreis“. Das soll den Ehrgeiz anstacheln.

Derart angespornt stürzten wir uns ins Gewühl. Schon die erste Sonderprüfung hatte es in sich: es mussten 5 Werkzeuge auf eine Fußmatte geworfen werden. Diese Fußmatte lag gefühlte 100 Meter weg und hatte die gefühlte Größe einer Briefmarke. Die meisten Teilnehmer schafften es ohne Probleme, den Hammer und die anderen Dinge auf der drei Meter entfernten Matte zu platzieren, allein wir verfehlten das Ziel recht häufig und sammelten also schon zu Beginn fleißig Strafpunkte.

Nachdem also den Mitbewerbern zur Wahrung ihrer Chancen ein Vorsprung eingeräumt worden war, lag unser Ehrgeiz nun darin, diesen wieder aufzuholen, was auch gelang: Entfernung wurden nahezu zentimetergenau geschätzt, waghalsige Fahrmanöver wurden mit der Präzision eines chirurgischen Instrumentes absolviert und – auch das eine Wertungsprüfung – Holz wurde in nie gekannter Schnelligkeit gesägt. Dies war für uns relativ einfach, da wir überhaupt keine Kenntnis bezüglich Holzsägen hatten. Unser Einsatz wurde auch prompt belohnt: der erste Tag sah uns nicht etwa an letzter Stelle - NEIN!! – es war die drittletzte.

Mit viel Raum für Verbesserungen starteten wir den zweiten Tag: die erste Prüfung erforderte das Anschieben das Fahrzeuges, gemessen wurde auf Bestzeit. Unser voll geladenes und ebenso voll getanktes Fahrzeug, ca. 1,8-Tonnen-schwer, machte uns diese Aufgabe nicht leicht, die Kollegen im Mini oder R5 waren da eindeutig im Vorteil. Schweißnass und ohne jegliche Aussicht auf Bestzeiten purzelten die Strafpunkte nur so über uns herein.

Nachdem die Mitbewerber nun einen gehörigen Vorsprung hatten, sollte es nun genug sein und ans Aufholen gehen. Das wäre auch zweifellos gelungen, wenn denn die Karte etwas eindeutiger den Weg durch Bad Urach gezeigt hätte. Bad Urach, in der malerischen Schwäbischen Alb gelegen, hat wunderschöne Ortsausfahrten. Das wissen wir, denn wir haben sie alle befahren. Alle? Alle! Und zwar mehrfach!!


Mit diesem unschätzbarem geographischen Kenntnissen versehen jagten wir nun dem Feld hinterher. Und wohl auch dem „Lumpensammler“, denn die als Durchfahrtskontrollen aufgestellten Schilder hatten sich entweder versteckt oder waren schon eingesammelt worden. Die hierfür fälligen Strafpunkte fielen nun auf unserem Punktekonto schon gar nicht mehr auf. Mit heulenden Motoren und heftigst laufenden Gebläsen trafen wir dann an der nächsten Wertungsprüfung ein, wo uns zwei Wohnwagenfahrer mitteilten, daß die Prüfung vor ein paar Minuten abgebaut worden war. Okay, auf diese Strafpunkte wegen der verpassten Wertungsprüfung kam es dann auch nicht mehr an.
Wir beschlossen, den Punktestand nun endgültig einzufrieren und die zig Kilometer entfernte nächste Prüfung in den wenigen verbleibenden Minuten zu erreichen.
Gesagt, getan.
Wie gerne hätte ich in das Gesicht des Ferrari-Fahrers geguckt, als auf der Landstraße zwei rote Kappa Coupes im Formationsflug an ihm vorbeischossen, aber leider wurde der F430 im Rückspiegel so schnell so klein, daß dies nicht gelang.
Diesmal wurde unser Einsatz belohnt: wir erreichten die vorletzte Wertungsprüfung „just in time“ und waren wieder im Rennen.

Die letzte Prüfung war der Dreh- und Angelpunkt: sollten wir dort verlorenen Boden gut machen, ging der „Ehrenpreis“ an uns vorbei, wenn nicht: nicht.
Die Aufgabe: auf einem abgesperrten Oval-Kurs sollten vier Runden in vorgegebener Zeit absolviert werden. Gut, das können wir, das hatten wir im Vorfeld schon ein paar Mal geschafft. Mit 204 PS auch kein Problem. Gar nicht. Alles gut, wir sind gerettet.

Mit drei Fahrzeugen ging es dann auf den Rundkurs: vor uns ein silbergrauer Saab, hinter uns der Kollege im Kappa Coupe, gestartet im 20-Sekunden-Takt.
Es begann super: der Saab vor uns entrann unserem Blickfeld, wir bekamen die Startfreigabe, meine Frau drückte die Stoppuhr genau in dem Moment, als wir die Lichtschranke passierten, der Motor heulte auf, 270 Newtonmeter brachen über die 205er-Breitreifen herein, die sich in den Asphalt bissen und den Wagen nach vorne katapultierten. Die erste Runde fuhren wir in Sollzeit, Triumph keimte auf, die Start- und Zielgerade wurde ideal genommen, was sollte jetzt noch passieren?
Mit laut quitschenden Reifen fuhren wir durch die Kurve, Geschwindigkeit und Selbstbewusstsein waren kaum zu steigern. Pfeilschnell bogen wir auf die Gegengerade und waren sicher, auch diese Runde in Sollzeit zu meistern, als vor uns, mitten auf der Fahrbahn, eine Wanderdüne auftauchte. Die silbergraue Wanderdüne war von Aussehen her einem Saab turbo Cabrio nicht unähnlich, allein die Geschwindigkeit verriet ihren Status. Auf der Gegengeraden war uns ein Überholen mangels Platz nicht möglich, es sei denn, wir hätten die Breite und Geschwindigkeit einer Schnecke gehabt. Derart ausgebremst blieb uns nichts anderes übrig, als der Wanderdüne bis zur Start- und Zielgeraden langsam und bedächtig zu folgen.
Das war´s, aus, vorbei, die Rundenzeiten genau da wo´s dunkel ist. Auf der Start- und Zielgeraden gingen wir mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit an der Wanderdüne vorbei, aber selbst der heroische Einsatz von Mensch und Maschine in Runde drei und vier konnte nichts mehr retten. Und so kam es, wie es kommen musste: Strafpunkte noch und nöcher.

Also fanden wir uns bei der Siegerehrung zwar nicht in der Spitzengruppe, aber in der Gruppe, die die Spitzengruppe erst ermöglicht. Seitdem ziert ein wunderschöner Pokal unser Heim.
Aber eins ist klar: im nächsten Jahr wollen wir wieder einen Pokal, aber einen anderen!!