Bilder und Bericht von der Starmaxx 2011

Anbei ein kleiner Bericht und einige Fotos von der Starmaxx 2011:

 

Starmaxx 2011 oder das Geheimnis des Kappa Coupé

 

Welcher Karl-May-Leser kann sich nicht daran erinnern, dass die besten Pferde von den edlen nordafrikanischen Nomaden stammen. So züchtete der prominenter Vertreter der Haddedihn, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah, einen besonders edlen Hengst namens Rih. Rih wurde das Lieblingspferd von Kara Ben Nemsi.

Rih hatte wie jedes andere Pferd der Haddedihn ein Geheimnis: wenn der Reiter ihm die Hand zwischen die Ohren legt und dreimal seinen Namen - also den Namen des Pferdes - ruft, wird das Pferd zur allerhöchsten Anstrengung aufgefordert.

 

Genau so ein Geheimnis hat unser Kappa Coupé auch. Man muß zwar nicht die Hand zwischen Außenspiegel und Karosserie quetschen und dreimal „Kappa“ rufen, es reicht wenn man eine bestimmte Taste drückt. Diese kleine Taste befindet sich links am Fuße des aus dem vollen Plastikblock gesprengten Automatik-Wählhebels, dessen kleinere Brüder Dienst in diversen Airbussen tun. Die Taste ist an und für sich unscheinbar, rechts neben ihr befindet sich die harmlose Beschriftung „Normal/Power“.

 

Nach Einschalten der Zündung befindet sich die Getriebeautomatik im Modus „Normal“, bei beschaulichen 3.500 U/min wird die nächsthöhere der vier vorhandenen Gangstufen eingelegt. Das distinguierte Coupé cruist so relativ spritschonend durch den Verkehr.
Nicht so, wenn man das Geheimnis aktiviert und „Power“ drückt: in diesem Fall gewährt die Getriebesteuerung freien Durchzug bis 6.500 U/min, dies untermalt vom herrlich durchatmenden Arese-V6. Der Charakter des Fahrzeuges ändert sich komplett, aus dem betulichen Altherren-Coupé wird eine zweitürige brennstoffverschlingende Rakete.
Und das ist auch gut so. Zumindest, wenn man die Starmaxx mitfährt.

 

Starmaxx, das ist die Rallye für New- und Youngtimer, das Mekka der zukünftigen Klassiker. Das Kappa Coupé, dessen erste Exemplare nächstes Jahr die Hälfte des Weges zum H-Kennzeichen zurückgelegt haben werden, ist zweifellos ein solcher zukünftiger Klassiker.

Zumindest, wenn man Autobild Klassik (3/2009, Seite 30) Autobild (24/2011, Seite 76), Motor Klassik/Youngtimer (1/2004, Seite 53) oder der routeclassiche (6/2011, Seite 109) glauben darf.

 

Auch in diesem Jahr richtete Rainer Klink vom Boxenstop-Museum in Tübingen die Starmaxx aus. Insgesamt 80 Fahrzeuge gingen an den Start, darunter S- und E-Klassen von Mercedes, alle möglichen und unmöglichen Porsche von 924, 944, 968 über 928, 930, 964 und 993 bis hin zu 996, 997, 986 und 987. Lotus Exige und Mazda MX5 waren ebenso vertreten wie ein Scorpio Cosworth, Alfa GTV, BMW 6er Serie und Subaru Impreza turbo.

 

Die Strecke führte durch den schönen Schwarzwald, und wer langsam genug war um die Augen von der Fahrbahn zu heben, der konnte die Bäume des Schwarzwaldes auch neben der Straße sehen.

Diejenigen, die kein Interesse an Flora oder Fauna hatten, sahen halt nur auf die Straße und fuhren entsprechend schneller.

 

Bereits zu Anfang kam Freude auf. Während wir auf der stadtauswärts führenden Bundesstraße vor einer roten Ampel warteten, hielt neben uns ein Mercedes 190 Evo 2.3-16. Hinter uns schloß ein knallneuer SLK auf, an Bord der MotorKlassik-Fotograf.

Irgendwie kam ich auf den Gedanken, es sei eine gute Idee, genau jetzt das Geheimnis unseres Kappa Coupé zu aktivieren. Also die Power-Taste gedrückt und auf Grün gewartet.

Es kam aber kein Grün. Zumindest haben wir keins mehr gesehen, denn bei Gelb schossen der Evo und wir zeitgleich los. Obwohl der Drehzahlmesser wie erwartet in Richtung des roten Bereichs schnellte, konnten wir den Evo nicht abhängen. Noch vor Erreichen führerscheingefährdender Geschwindigkeiten ging ich vom Gas und ließ den Evo ziehen. Ein späterer Blick ins Datenblatt erklärte die erlittene Schmach: der Evo wiegt bei fast gleicher Leistung eine halbe Tonne weniger.

Nach Passieren des Ortsausgangsschildes konnte die Aufholjagd begonnen werden. Der nach Kräften bemühte knallneue SLK wurde im Rückspiegel immer kleiner (ist das mit Downsizing gemeint?) und wir holten den Rückstand zum Evo auf.

 

Dabei fuhren wir auf wunderbaren Serpentinen durch den Schwarzwald. Das Kappa Coupé flog von Kurve zu Kurve, und ich wusste genau: jetzt das Lenkrad nur einen Hauch in Richtung Kurveninneres oder das rechte Pedal nur einen Nanometer weiter nach unten, und die ganze Fuhre wird den physikalischen Gesetzen gehorchend und der Fliehkraft folgend einen Ausflug in die Botanik machen und knapp zwei Tonnen Kappa Coupé werden im schönen Schwarzwald kaltverformt.

Indes verhinderte die gute Straßenlage einen Abflug. Die lustige Fahrt wurde lediglich durch diverse Sonderprüfungen unterbrochen.

Die Starmaxx nimmt sich nicht so ganz ernst, und als Sonderprüfung steht beispielsweise Out-door-Kegeln mit Kart-Reifen an. Oder aber das Schätzen eines Kälbchens: ist es nun 25, 32 oder 44 Tage alt? Für jemanden, der seine erste Kuh im Zoo gesehen hat, ist dies eine unlösbare Aufgabe.

Einfacher ist da Reifen-Weitwurf oder eine Weiterentwicklung von „Blind Kuh“. Neben diesen nicht ganz so ernsthaften Sonderprüfungen gab es aber noch eine Reihe von weiteren Spaßmachern: das Durchführen von Fahrmanövern auf Bestzeit auf der abgesperrten Piste eines kleinen Flughafens.

Und auch die Weiterbildung kam nicht zu kurz, denn während der Mittagspause waren wir in Schramberg in der Autosammlung Steim zu Gast. Wie es sich für jede gute Autosammlung gehört ist natürlich ein Lancia unter den Exponaten, in diesem Fall ein Beta Spider.

 

Die zwei Tage vergingen im Flug und werden auf jeden Fall in Erinnerung bleiben. Dies gilt sicherlich auch für die Besatzung des Wagens, der bei einer ungeplanten Sonderprüfung ziemlich viele Strafpunkte einfuhr: die staatliche Obrigkeit hatte für gut befunden, just am Sonntag morgen die Fahrstrecke mittels eines sogenannten Radarwagens zu überwachen. Entgegenkommende Fahrzeuge signalisierten diesen lobenswerten obrigkeitlichen Einsatz durch das regelwidrige Einsetzen der Lichthupe. Derart gewarnt wurde die fragliche Stelle ordnungsgemäß mit den zulässigen 70 km/h passiert. Mindestens eine Besatzung erkannte den Ernst der Lage allerdings nicht und fuhr am Messort mit dort nicht angezeigter Autobahnrichtgeschwindigkeit vorbei. Daß die so erlangten Strafpunkte bei der Starmaxx nicht gewertet wurden dürfte ebenso wenig Trostpflaster sein wie das exklusive Schwarz-Weiss-Foto des früh aufgestandenen staatlichen Fotografen.

Mit einem Pferd wäre das nicht passiert, Geheimnis hin oder her!

 

Insgesamt war die Starmaxx 2011 wieder absolute Spitzenklasse, eine der ganz wenigen hochwertigen nationalen Veranstaltungen, an denen man auch mit New- oder Youngtimern mitmachen kann.

 

Viva Lancia

CC